Part II

2021

Lola

Die Beziehung zu meinem Körper würde ich von Anfang an als eher besonders bezeichnen.
Dass ich mich schon früh entgegen des damaligen Schönheitsideals entwickelte, fiel nicht nur mir selbst unangenehm auf. In meinem Kopf wurde es zu einer g’ttgegebenen Ungerechtigkeit, der ich ausgeliefert schien und die ich mein Leben lang würde verstecken müssen. Dazu kamen familiäre Probleme und meine unbeherrschte Art. An der Schule war ich der peinliche Loser.
Entsprechend dem Bild, dass ich von mir in dieser Zeit gewonnen hatte, ging ich auch mit meinem Körper um und produzierte mit meinen psychischen Erkrankungen eine umfangreiche Krankenakte, deren Nummer ich bald für meinen Namen hielt.
Positivität lernte ich also spät und erst, als ich mein depressives Teenager-Dasein soweit in eine Sackgasse manövriert hatte, dass am Rande zur Volljährigkeit sogar mir selbst bewusst wurde, dass ich etwas ändern musste.
Die Unbefangenheit gegenüber meinem Körper, die ich im Rahmen viel negativer Aufmerksamkeit und Zusammenleben mit Mitpatienten aus der Not heraus gelernt hatte, nahm ich jedoch mit, nachdem ich es geschafft hatte, mein Leben und meine Verhaltensweisen unter Kontrolle zu bringen. Mit mir, meinem Körper und meinem Leben ging es bergauf.
Bis ich feststellen musste, dass meine Offenheit ganz oft missverstanden wird und unbeschwerte Nacktheit allgemein anders interpretiert wird, als ich sie empfinde.
Im Alltag ging mir die Puste aus für Missdeutungen von knapper oder fehlender Kleidung. Lieber nach Charakter statt Figur bewertet werde ich auch gern. Aller Widersprüchlichkeit zum Trotz, wechselte ich meine Alltagskleidung von Jeans und Top auf lange Röcke und hochgeschlossen. Mein Körper – er IST einfach. Kein Grund mich zu schämen, aber auch keiner mich anders zu behandeln. Zumal mir selbst meine biologische Weiblichkeit als eher zufällig erscheint.
Je nachdem, von wo man mich kennt, halten mich die Leute also für “frivol” oder “verklemmt”. Ich allein weiß, wie richtig und falsch diese Bewertungen sind. Und nur ich allein. Man kann es mir nicht ansehen, wie auch sonst keinem. Wie sollte auch ein flüchtiger Blick sowohl Biographie wie auch Persönlichkeit einfangen können? Wir sollten aufhören, uns nach diesen schnellen Urteilen zu richten,
die andere über uns haben.

Element Feuer